"Was erzählen wir wem?" Blickwinkel: "Der heißersehnte Anruf" |
Besonders für Bewerber interessante Erfahrungsweitergabe
Im Mai 2008 trafen sich 14 Interessierte, um ihre Erfahrungen und Gedanken zum Thema auszutauschen. Ausgangspunkt für das Thema dieses und der folgenden Abende waren die Wünsche der Besucher des ersten Gesprächsabends. Es stellte sich damals beim Zusammentragen verschiedener Gesprächswünsche heraus, dass sich viele Gedanken rund um das Thema „Was erzählen wir wem?“ drehen. Damit an den Abenden genug Zeit für aktuelle Probleme und Themen bleibt und auch der zwischenmenschliche Austausch nicht zu kurz kommt, haben wir das Thema in verschiedene Aspekte unterteilt:
Hier nun das Foto, das die inhaltlichen Aspekte dieses Abends zusammenfasst: Zunächst einmal näherten wir uns dem ersten Teilaspekt aus der Sicht von Bewerbern. Wem sollten sie von ihren Bewerbungen erzählen und wem nicht? Welche Informationen werden dabei weitergegeben und welche besser nicht? Sicherlich ist die Beantwortung solcher Fragen eine sehr individuelle Angelegenheit. Aber es kristallisierte sich schnell heraus, dass man die engere Familie und gute Freunde einweihen möchte, gerade damit sie auftretende Gemütsschwankungen in dieser Zeit besser einordnen können. Aber auch, weil man vor ihnen keine Geheimnisse haben möchte oder weil sie Freude (Gesprächseinladungen) und Leid (Absagen) mit dem Paar teilen. Dies werden die Personen sein, denen man schon von der Vorgeschichte der eigenen ungewollten Kinderlosigkeit erzählt hat. Die Menschen, denen man solche intimen Dinge erzählt, müssen in jedem Fall ein hohes Maß an Sensibilität haben. "Wenn man niemandem davon erzählt, hat man manchmal das Gefühl, man würde ersticken", war von Betroffenen zu hören. Im Übrigen waren sich die Teilnehmer dieses Abends einig, dass alle Personen von der Information ausgeschlossen werden müssen, die zur Gruppe der Menschen gehören, die nichts für sich behalten können. Es handelt sich beim Thema Adoptionsbewerbung um eine so sensible Angelegenheit, über die man nichts in der Bildzeitung lesen möchte. Daher wurde die Frage „Was erzählt man?“ an diesem Abend auch eindeutig beantwortet: Lieber zu wenig als zu viel. Auch hier gilt, dass Detailinfos (z.B. Termin eines Gesprächs) Druck machen können, wenn dadurch intensiv nachgefragt wird. Jeder muss sich bereits als Bewerber und auch später als Adoptiveltern immer wieder fragen, was er „öffentlich“ machen möchte bzw. was er an Feedback aushalten kann. Später wird noch der Aspekt hinzukommen, was das Kind aushalten kann. Dabei ist natürlich auch, wie so oft, wenn es um das Thema Adoption geht, eine Abstimmung zwischen den Partnern gefragt. Ein Adoptivvater regte an, dass man denen, die man eingeweiht hat, auch sagen kann, dass man nicht gefragt werden möchte, sondern zu gegebener Zeit von selbst wieder berichten wird.
Alle Beteiligten waren sich einig, dass keine Detailinformationen weitergegeben werden sollten. Oft ist man nach einem solchen Anruf in einer psychischen „Glücksausnahmesituation“, die einem klare Gedanken unmöglich machen kann. Außerdem wurde von Adoptiveltern berichtet, dass in dieser aufregenden Phase vermutlich „Schwätzhormone“ ausgeschüttet werden. Man möchte sein Glück mit der ganzen Welt teilen und ärgert sich manchmal hinterher, wem man was alles erzählt hat. Bei den "Oh-je-Anrufen" gibt es ein breites Spektrum. Geht es zunächst um eine Anbahnung, deren Abschluss noch ungewiss ist? Ist das Kind vielleicht noch gar nicht geboren (die Mutter könnte es sich anders überlegen)? Dies sind beispielhaft zwei Aspekte, die deutlich machen, dass es manchmal ratsam ist, auch nach dem heißersehnten Anruf noch vorsichtig mit den Informationen umzugehen. In diesen Fällen braucht man oft Rat von "Insidern", vom Haus- oder Facharzt und vom Jugendamt. Auch spricht man dann gerne mit einer Person engsten Vertrauens, die einen gut kennt. Bereits vor einem solchen Anruf kann man sich Gedanken machen, welche Menschen man möglicherweise gerne informieren bzw. um Rat fragen würde, denn oft fehlen dann Zeit und Muße für solche Gedanken. Im Gespräch stellte sich heraus, dass es praktisch sein kann, schon mal einen Kinderarzt zu kennen, dem man Fragen stellen kann im Hinblick auf gesundheitliche Aspekte. Die Bewerber, die an diesem Abend anwesend waren, werden sich vermutlich nun eine Liste für den „Ernstfall“ erstellen, sei es tatsächlich oder auch nur in ihren Köpfen. Vom heißersehnten Anruf bis zur tatsächlichen Aufnahme des Kindes sollte man also vorsichtig mit Informationen umgehen, zum einen, da man sich sonst eventuell in Zugzwang setzt, noch mehr sagen zu müssen, und zum anderen, da es ja immer noch sein kann, dass das Kind doch nicht kommt.
Drängenden Nachfragern darf ein „Dazu möchten wir nichts sagen!“ entgegengehalten werden. Hier ist manchmal ein wenig Mut von Nöten. Eine spätere Umentscheidung in Richtung eines verschlosseneren Umgangs mit der Geschichte eines Adoptivkindes ist kaum möglich, und das Kind wird vielleicht nicht wollen, dass zu viele Menschen über seine Geschichte Bescheid wissen. Diesen Gedanken muss man auch beachten, wenn es Anfragen vom Fernsehen gibt, den Aufnahmeprozess zu begleiten.
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