Sollten Lehrer wissen, dass Kinder adoptiert sind? |
Wir gehen in unserer Familie von Anfang an sehr offen damit um, dass unsere Kinder adoptiert sind. Auch nach außen waren wir immer freimütig. Als unser erstes Kind in den Kindergarten kam, haben wir das Gespräch mit der Erzieherin gesucht, weil wir wollten, dass sie informiert ist. Viele Menschen in unserem Umfeld hatten mitbekommen, wie plötzlich unsere Kinder in unser Leben getreten sind. Da die Erzieherin aus einem anderen Ort stammte, wusste sie es zunächst nicht. Nachdem wir als Eltern uns darüber abgestimmt hatten, suchte ich das Gespräch mit der Erzieherin. Ich stieß auf offene Ohren; das Thema war interessant für sie und es gab auch noch einige Antworten auf ihre Fragen. Wir erhofften uns so, dass die Erzieherin in entsprechenden Situationen, die sich zwischen Kindern ergeben könnten, positiv eingreifen und eventuell vermitteln würde. Diesbezüglich haben wir keine Erfahrungen gemacht, weil die Kinder dieses Thema immer unter sich abgehandelt haben. Als eines Tages eine neue Erzieherinn in die Gruppe kam und zunächst herumgeführt wurde, sind ihr die beiden Adoptivkinder der Gruppe als solche vorgestellt worden. Die Freundin meines Kindes fand das überhaupt nicht in Ordnung. Ich im Übrigen auch nicht.Trotzdem führte ich auch mit der Grundschullehrerin in der 1. Klasse ein Gespräch, nachdem ich unser Kind zuvor gefragt hatte, ob das für es in Ordnung ist. Aus der Grundschule sind uns keine das Thema Adoption betreffenden Vorkommnisse bekannt geworden. Auf Wunsch und im Beisein unseres Kindes führte ich auch mit der Klassenlehrerin der 5. Klasse ein Gespräch. Mit zunehmendem Alter gehörte das Thema Adoption immer mehr zur Intimsphäre. Unser erstes Kind wollte nicht mehr, dass wir in der Öffentlichkeit darüber sprachen. Das haben wir respektiert. Als unser zweites Kind auf die weiterführende Schule wechselte, beschlossen wir, den Klassenlehrer nicht mehr zu informieren. In Kindergarten und Grundschule war die Tatsache schon von vornherein bekannt gewesen (Geschwisterkind). Der Klassenlehrer unseres zweiten Kindes (5. Klasse) erklärte uns auf Anfrage, dass unser Kind ein völlig normales Kind ist, das natürlich auch mal Bewegungsdrang hat oder dazwischen spricht, was bei Kindern dieses Alters aber üblich sei. Am nächsten Elternabend fragte der Lehrer, warum unser Kind nicht den Geburtsort auf ein Vorstellungsplakat schreiben wollte. Ohne viel darüber nachzudenken, denn wir gehen ja offen mit der Adoptionstatsache um, erklärten wir dem Klassenlehrer, dass das mit dem Umstand zu tun haben könnte, dass unser Kind adoptiert und in einem Ort geboren ist, der sicher zu Nachfragen der Mitschüler geführt hätte. Von diesem Tag an ist unser zweites Kind leider in eine Schublade gesteckt worden. Von normalem Kinderverhalten war ab sofort nicht mehr die Rede. ADHS und Ritalin waren die Dinge, die wir zu hören bekamen. Wir waren verunsichert, haben ärztlichen Rat gesucht. ADHS war nie die Diagnose. Aber bei diesem Klassenlehrer hatte unser Kind keine Chance mehr. Für uns als Eltern ist klar geworden, dass die Offenheit im Umgang mit dem Thema Adoption Grenzen haben darf und sollte, zum Wohl des Kindes. Die Grenzen können sicher individuell verschieden sein, denn es gibt keine Richtschnur. Schade aber, wenn man erst hinterher feststellt, dass sie bereits überschritten sind. (Eine Adoptivmutter) |
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