von Eric Breitinger erschienen im Ch. Links Verlag, Berlin, ist eine Bereicherung für den umfangreichen Markt der Adoptionsliteratur. Die dargestellten Schicksale, Gedanken und Gefühle der mehr als fünfzehn erwachsenen Adoptierten (im Alter zwischen 24 und 84 Jahren) gehen unter die Haut.
Es wird sehr deutlich, wie wichtig es für Adoptierte ist, ihre Wurzeln zu finden und wie ihr Leben durch die Adoption geprägt wird. Es ist allerdings zu hoffen, dass die Generation heutiger Adoptivkinder weniger negative Erfahrungen macht, als die berichtenden Erwachsenen! Durch die geschickte Einarbeitung der Erfahrungen namhafter Adoptionsfachleute bleiben die Erlebnisse der Befragten nicht als individuelle Episoden stehen, sondern erhalten eine allgemeinere Gültigkeit. Es ist zwar etwas unorthodox, dass der Autor die Experten nicht im wissenschaftlichen Stil zitiert, aber dadurch bleibt das Buch sehr angenehm zu lesen. Im umfangreichen Literaturverzeichnis können interessierte Leser die Quellen dann finden. Kritisch finde ich das Plädoyer für eine Vereinfachung des Adoptionsrechts für gleichgeschlechtliche Paare, das „die Toleranz fördern (würde)“ (S.194). Ich finde auch, dass die Vorurteile gegen Homosexuelle in unserer Gesellschaft abgebaut werden müssen. Doch das sollte nicht zulasten von Adoptivkindern gehen, die, wie Breitinger sogar selbst schreibt, dann Gefahr laufen, doppelt diskriminiert zu werden. -(eine Adoptivmutter) Eine Adoptierte schreibt dazu: Beim Lesen des Buches von Eric Breitinger bin ich als Betroffene nicht um Tränen herum gekommen. Es ist ein lesenswertes Buch, das die Adoptionsliteratur um die Geschichten vieler Adoptierter ergänzt und betroffen macht. Es wird deutlich, dass jede Geschichte anders ist, aber der Autor fasst immer wieder gut zusammen, was diesen Geschichten gemeinsam ist. Auch wird offensichtlich, dass das Gelingen einer Adoption hauptsächlich am Umgang der Adoptiveltern mit dem Thema liegt bzw. daran inwieweit sie bereit sind, mit dem Kind Familie zu sein und es anzunehmen, wie es ist. Ich bin nicht mit allen Gedankengängen von Herrn Breitinger einverstanden. So ist ein positiver Umgang mit dem Thema nicht einfach nur durch Öffnung zu erreichen. Außerden leben viele Adoptivfamilien Inkognitoadoptionen und trotzdem sind sie bereit, mit dem Thema umzugehen. Ich habe als Kind eine offenen Adoption erlebt, die mich belastet hat und mich zwischen zwei Stühle gestellt hat. Daran kann sicher deutlich werden, so wie an vielen Geschichten dieses Buches, dass die eigenen Erfahrungen die Stellung der Betroffenen zu einzelnen Aspekten stark prägen. Richtig aber ist sicherlich, dass empathische Adoptiveltern, die bereits sind zu akzeptieren, dass ihr Kind zwei Elternpaare hat, die ihre eigene Kinderlosigkeit verarbeitet haben und ein Adoptivkind nicht als Notlösung sehen, einen gute Basis darstellen. Zum Thema Suche schreibt Eric Breitinger, dass sich mit 18 Jahren jeder selbst an die Behörden wenden kann. §61 Abs. 2 des Personenstandsgesetzes schreibt dazu: (2) 1 Ist ein Kind angenommen, so darf nur Behörden, den Annehmenden, deren Eltern, dem gesetzlichen Vertreter des Kindes und dem über sechzehn Jahre alten Kind selbst Einsicht in den Geburtseintrag gestattet oder eine Personenstandsurkunde aus dem Geburtenbuch erteilt werden. §9b des Adoptionsvermittlungsgesetzes führ dazu aus: § 9b Vermittlungsakten (2) 1 Soweit die Vermittlungsakten die Herkunft und die Lebensgeschichte des Kindes betreffen oder ein sonstiges berechtigtes Interesse besteht, ist dem gesetzlichen Vertreter des Kindes und, wenn das Kind das 16. Lebensjahr vollendet hat, auch diesem selbst auf Antrag unter Anleitung durch eine Fachkraft Einsicht zu gewähren. Bei Beschreibung der statistischen Zahlen unter der Überschrift "Auslandsadoptierte - doppelt fremd" ist nicht ausgeführt, dass die Zahl der Bewerber um ein Adoptivkind viel stärker zurückgegangen ist als die Zahl der in fremde Familien vermittelten Kinder. Auch die Zahl der Bewerber um ein Pflegekind geht stetig zurück. Die Gründe für stetig steigende Auslandsadoptionszahlen müssen also auch woanders liegen. Zusammen mit Herrn Breitinger würde ich mich gerne stark machen zumindest für eine Änderung des §1758 dahingehend, dass er nur für minderjährige Kinder gilt. Auch ich würde die Forderung unterstützen, dass es eine gesetzliche Aufklärungspflicht gibt. Hier sollten Verbände, Betroffene und Fachkräfte an einem Strang ziehen. Ein Buch, das mich berührt hat und dessen Lektüre ich allen am Thema Beteiligten nur empfehlen kann. Auf dradio.de schreibt Eva Hepper zu diesem Buch u.a.. "... Eric Breitinger hat sein Buch klug komponiert, denn er ergänzt die berührenden Lebensberichte mit Aussagen von Therapeuten und Adoptionsfachleuten. So kann er neueste Zahlen, Studien und Fakten bieten und sachlich fundiert etwa das Für und Wider von offenen Adoptionen oder von der Elternsuche via Facebook diskutieren. Damit gelingt ihm nicht nur ein komplexes Bild dessen, was es heißt adoptiert zu sein, sondern auch ein wissenschaftlich untermauertes.
Die Kombination aus Erlebtem und Fachwissen gehört zu den großen Stärken dieses nicht nur für Adoptierte und Adoptiveltern wichtigen und Mut machenden Buches. Imponierend sind sowohl die Offenheit der Interviewten und des Autors wie auch dessen Mut zum Urteil. Wie viele seiner Gesprächspartner verabscheut Breitinger nicht nur die Geheimnistuerei vieler Adoptiveltern, sondern macht sie geradezu als Hauptproblem für den lebenslangen Schlingerkurs vieler Adoptierter aus. Wenn er schreibt: "Kinder verkraften jedoch die Wahrheit - und zwar oft besser als ihre Eltern", ist das ein Plädoyer, sich ehrlich mit der Lebenssituation auseinander zu setzen. Denn dann ist Adoption eine große Chance - für alle Beteiligten." |