Fragen von Adoptiveltern rund um die frühe Aufklärung |
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Aspekte rund um das Thema: Wann und wie sagen wir es unserem Kind?1. Einführung in das Thema Alle verantwortungsvollen Adoptiveltern stellen sich heute diese Frage und suchen nach einer für das Kind möglichst einfühlsamen Antwort. Irmela Wiemann zeigt auf, dass Elternschaft verschiedene Dimensionen haben kann. Angenommene Kinder sind Kinder, bei denen zumindest die biologische und die soziale Elternschaft auseinander fallen. Dimensionen von Elternschaft nach Irmela Wiemann:
Eine Geheimhaltung des Themas Adoption ist kaum möglich, da sie auf Dauer nur mit Lügen zu erreichen ist. Lügen aber sind eine Erschütterung des Vertrauensverhältnisses zwischen Kind und Adoptiveltern. Außerdem vermittelt eine Geheimhaltung gemäß Christine Swientek bei Aufdeckung die Botschaft, dass das Kind zu schwach ist, die Wahrheit zu ertragen, dass es nicht wert ist, die Hintergründe zu erfahren, und dass es nicht so ist, wie man es eigentlich gerne hätte. Ferner zeigt man dadurch auch, dass man selbst überfordert ist. Das Leben des Themas Adoption über die bloße Aufklärung hinaus ist deshalb besonders wichtig, da man ein Kind mit einer so lebensgestaltenden Wahrheit nicht alleine lassen kann. Das Kind braucht Verständnis und einfühlsame Begleitung.Adoptiveltern müssen sich selbst fragen, ob sie keine stillen Signale senden, die den Tenor haben: „Frage mich, aber bitte nicht heute und später am besten auch nicht.“Innerhalb der Familie im engeren Sinn muss ein offener Umgang mit dem Thema als Selbstverständlichkeit angesehen werden, damit das Vertrauensverhältnis, das sich Eltern mit ihrem Kind wünschen, in allen Bereichen auch wirklich tragen kann. Nach außen ist die Intimsphäre der gesamten Adoptivfamilie und besonders auch die der Adoptivkinder so weit wie möglich zu wahren. Verständnis für eventuelle Verletztheiten der Kinder ist dabei Grundvoraussetzung, damit das Kind sich rundherum angenommen fühlen kann.
2. Hinweise auf Literatur Hier zunächst einige wichtige Sachbücher:
Im Bereich der Kinderbücher für kleinere Kinder hat es gerade in den letzten Jahren einige Neuerscheinungen gegeben:
3. Erfahrungsberichte von erfahrenen Adoptiveltern Die Auswertung von Erfahrungsberichten von 4 Familien mit insgesamt 8 angenommenen Kindern im Alter von 4 bis 16 Jahren, die auf einer Podiumsveranstaltung intensiv Auskunft gaben und auf Fragen Rede und Antwort standen, ergibt folgende Eckpunkte für das Wann und Wie:
Alle Berichtenden sind sich einig, dass eine positive Bezeichnung für die leiblichen Eltern gewählt werden sollte. Oft spielt im Adoptionsprozess zunächst nur die leibliche Mutter eine Rolle, aber man muss sich bewusst sein, dass jeder Mensch biologisch Mutter und Vater hat. Gerade Jungs brauchen die Identifikation auch über den biologischen Vater. Sollte über ihn nichts bekannt sein, so gibt es ihn doch und man darf ihn nicht ausblenden. Nicht nur die verwendete Benennung ist wichtig, sondern auch die Art und Weise, wie man sie verwendet. Die eigene, innere Einstellung zur Herkunftsgeschichte wird bereits im Ton der Benutzung offenbart. Daher ist es zunächst wichtig, seinen persönlichen Frieden mit der Geschichte des Kindes zu machen. „Welche Bezeichnung für die leiblichen Eltern sollte man nicht wählen?“ „Die Frau, die Dich geboren hat“ ist eine Bezeichnung, die keine emotionale Hinwendung erkennen und keine Nähe zulässt. Jeder Mensch, der uns im positiven Sinn etwas bedeutet, hat einen (Vor-)Namen oder einen „Titel“ (z.B. Mama, Opa, Godi…).
Alle erfahrenen Adoptiveltern, die befragt wurden, haben ihren Kindern die Wahrheit erzählt, und zwar jeweils kind- bzw. altersgerecht. Wenn die Geschichte des Kindes schwierig war, z.B. bei Drogensucht der Eltern, hat man zunächst versucht, behutsam an das Thema heranzugehen, indem man die Drogensucht als Krankheit bezeichnete und erst, als das Kind älter war, genauere Informationen dazu gab. Einigkeit herrschte bei den Betroffenen darüber, dass im Innenverhältnis dem Kind gegenüber Offenheit und Wahrheit herrschen muss. Lediglich das Kind schädigende Wahrheiten sollten verschwiegen werden, so auch Frau Professor Swientek in ihrem Buch „Was Adoptivkinder wissen sollten und wie man es ihnen sagen kann“. Nach außen aber muss die Intimsphäre des Kindes gewahrt bleiben.
Wie oft haben die befragten Adoptiveltern von inzwischen größeren Kindern eigentlich mit den Kindern in der Anfangsphase der Aufklärung über die Adoption gesprochen? Oft bis sehr oft ist hier das Spektrum und ein wenig abhängig von der Geschichte der Kinder. Je nach Bedürfnis des Kindes schwankt die Zahl der geführten Gespräche (zu Beginn auch oft nur geführte Monologe). Ein Adoptivvater kann es daran festmachen, dass er nahezu täglich mit den Kindern gebetet hat und hierbei die leiblichen Eltern in das Gebet einschloss. Ansonsten war eine vorsichtige Einigung bei „wöchentlich“ auszumachen, wenn man sich denn auf einen Begriff zwischen täglich, wöchentlich, monatlich oder jährlich festlegen sollte. Es ist auch unterschiedlich, ob Väter oder Mütter die Festlegung für das wie oft vornehmen.
Die Frage nach dem „wann“ und dem „wann nicht“ nahm in allen Erfahrungsberichten größeren Raum ein. Sie beleuchtete zunächst den Aspekt, wann mit der Aufklärung angefangen wurde. Das fachliche „So früh wie möglich!“ muss, wenn man ein Adoptivkind hat, bald mit Leben erfüllt werden.
Eine weitere Frage, deren Beantwortung sich während der Berichte ergab, war die Frage, wer mit dem Kind über seine Geschichte spricht. Zunächst sind da immer die Adoptiveltern Ansprech- bzw. Gesprächspartner. Die Absprache zwischen den Ehepartnern war allen wichtig, damit beide Elternteile dem Kind die Geschichte in ähnlichen Worten und mit den gleichen Inhalten vermitteln. Oft ist es eher die Mutter, wenn es um den Tagesablauf geht. Abends beim Zubettgehen ist es öfter der Vater. Bei den Zweiten sind es auch die älteren Geschwister, welche die für sie beide so wichtigen Geschichten mit Leben erfüllen. Ab dem Kindergartenalter kommen weitere Gesprächspartner hinzu. Paten, Großeltern, aber auch Gleichaltrige können Gesprächspartner sein. Das ist von Kind zu Kind sehr unterschiedlich. Gerade die Dynamik nach außen sollte dabei nicht unterschätzt werden.
Gespräche zwischen einem Elternteil und dem Kind bildeten in allen Fällen, über die berichtet wurde, die Grundlage einer vertrauensvollen Aufklärung in ruhiger und harmonischer Atmosphäre. Daher ist es manchmal einfacher, wenn ein Kind früh sprechen kann.
Es gibt immer wieder Anlässe oder Situationen, in denen man besonders gut mit seinem Kind über die Tatsache reden kann, dass es adoptiert ist. Als klassisches Beispiel gilt hier sicher die Schwangerschaft bzw. Geburt im näheren Umfeld, aber natürlich auch die Ankunft von anderen Adoptivkindern. Manchmal spielt der abweichende Familienname eine Rolle und birgt immer wieder Gesprächsstoff.
Die Frage „Wie offen sollte man nach außen mit der Adoptionstatsache umgehen?“ beantworteten die erfahrenen Adoptiveltern dahingehend, dass man nach außen eher vorsichtig damit umgehen sollte. Im Kindergarten können die Auswirkungen auf das Kind noch nicht so groß sein. Spätestens in der Schule aber ist ein Kind von der Einschätzung der Lehrer abhängig.
Gerade die kleinen Kinder sind bei „Aufklärungsgesprächen“ gelassener als die Erwachsenen. Bei entsprechender innerer Einstellung der Adoptiveltern wird dem Kind Adoption schon früh als etwas Schönes und durchaus positiv Besetztes nahe gebracht. Die berichtenden Eltern sind sich einig, dass ein zweites Kind ein Gewinn für das erste ist, weil es aus nächster Nähe erfährt, dass es mit seinem Schicksal nicht alleine ist. Dass mit dem Thema „Fortgegeben worden sein“ immer auch eine Verletzlichkeit verbunden sein kann, steht außer Frage, ist einer positiven Gesamtsicht aber nicht im Wege.
Wenn Adoptiveltern ihrem Kind seine Geschichte erzählen, sind gerade mit diesem Aufklärungsprozess manchmal schwierige Gefühle verbunden. Von Verunsicherung bis mulmig sein sind hier einige Facetten. Wenn die Kinder älter werden, hat man auch manchmal das Gefühl, getestet zu werden. Diesen Gefühlen kann man am besten begegnen, wenn man von der Notwendigkeit der Aufklärungsarbeit überzeugt und entsprechend vorbereitet ist. Gesammelte Materialien, Austausch mit anderen Adoptiveltern, Besuch von Seminaren, aber auch die nötige Ruhe und Gelassenheit sind wichtig. Vor allem das Wissen darum, dass mit Liebe, Wärme und Geborgenheit groß gewordene Adoptivkinder ihre Adoptiveltern als ihre Eltern ansehen.
4. Zusammenfassung der Ergebnisse Zum Schluss ein kurzes Fazit der Ausführungen:
Zusammengefasst von M. R.
Zu diesem Thema hat das Landesjugendamt Bayern eine Broschüre "Aufklärung des Kindes über seine Adoption" veröffentlicht, die auf deren Homepage gedownloaded werden kann (4MB)!
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