Alles Familie - Unser aktuelles Buch 16

vom Kind - der neuen Freundin - vom Bruder – von Papas – früherer Frau (ab 4 Jahren)

Alexandra Maxeiner (Text)
Anke Kuhl (Illustration)


Den Deutschen Jugendliteraturpreis 2011 erhielt das Bilderbuch ALLES FAMILIE! aus dem Klett Kinderbuchverlag in der Sparte Kindersachbuch. Es beleuchtet auf witzige und interessante Art alle Variationen von Familie:

leibliche Familien, Scheidungsfamilien,  Stieffamilien, Patchworkfamilien, Regenbogenfamilien und andere Formen finden Berücksichtigung. Aber auch die Gefühle der Menschen, deren Aussehen und unterschiedliche Lebensarten werden besprochen. Ein umfassendes Kinderbuch, das die Thematik rundherum erhellt. Auch eine Adoptivfamilie hat darin ihren Platz gefunden, wobei  die Formulierung „Aber Simone (die leibliche Mutter - Anmerkung der Verfasserin) wollte kein Kind“  den Eindruck hinterlässt, dass das Nichtwollen bei einer abgebenden  leiblichen Mutter im Vordergrund steht. Weitaus öfter ist es aber das Nichtkönnen oder das „nicht genug Kraft haben“.

Trotzdem ist es ein schönes Buch, das man gut in Familien aber auch in Kindergärten für die älteren Kinder und Grundschulen  einsetzen kann, um die Unterschiedlichkeit von Familien darzustellen.

Die Familiengeschichte von Jakob ist sehr komplex und für kleinere Kinder vermutlich noch zu schwierig. Am Ende des Buches hätte ich mir ein leeres Blatt mehr zum Skizzieren der eigenen Familie gewünscht. Denn nur eine Seite dürfte bei Adoptivkindern,  aber auch in anderen Familienkonstellationen,  schwerlich ausreichen, um die eigene Familie zu skizzieren.

Ein witziges Buch in Text und Zeichnungen, das Kinder sicherlich anspricht und auch bei mir einen sehr positiven Gesamteindruck hinterlassen hat. (Eine Adoptierte)

Hier die Rezension einer Adoptivmutter:

Das Buch „Alles Familie“ von Alexandra Maxeiner erklärt Kindern im Grundschulalter alle erdenklichen Familienkonstellationen. Der anregend geschriebene Text und die witzigen Illustrationen von Anke Kuhl zeigen, dass es beim Thema „Familie“ kein richtig oder falsch gibt. Ganz selbstverständlich wird das Gefühl von Normalität erzeugt. Das ist besonders für Kinder, die in selteneren Familienstrukturen aufwachsen, wichtig. Die Kinder aus „klassischen“ Familien können ihren Horizont erweitern und das Leben von anderen besser verstehen. Es ist aus meiner Sicht kein Buch, das man komplett lesen und dann weglegen kann, sondern eine gute Möglichkeit, mit Kindern über das Thema „Familie“ ins Gespräch zu kommen und sich gemeinsam Gedanken dazu zu machen. Daher gehört es meiner Meinung nach auch in jede Grundschulbibliothek. 
Leider ist ausgerechnet die Beschreibung der Adoptivfamilie nicht so gut gelungen: Die leibliche Mutter „wollte kein Kind haben“, die Adoptiveltern „haben ein fremdes Kind zu sich geholt“. Beide Aussagen sind kritisch zu sehen, denn beim Lesen/Vorlesen eines Buchs sollte ein Adoptivkind dieser Altersstufe nicht mit dem Gefühl konfrontiert werden, ungewollt bzw. fremd für seine Familie zu sein. Außerdem entsteht der falsche Eindruck, alle abgebenden Mütter wollten ihr Kind nicht. Wenn man diese Passagen beim Vorlesen aber etwas verändert bzw. mit dem Kind ausführlicher bespricht, eignet sich das Buch insgesamt auch für Adoptivkinder. Denn ihnen kann bewusst werden, dass auch andere Kinder in besonderen Verhältnissen leben.
Unserer großen „Testleserin“ (fast 8 Jahre) gefiel das Buch sehr gut, die Kleine (5 Jahre) war damit jedoch noch überfordert.     

 

Eine weitere Rezensentin schreibt zu diesem Buch: ab 5

Das Buch stellt diverse Lebensformen auf ebenso informative wie lustige Weise vor. Viele Darstellungen regen zum Gespräch an, besonders schön finde ich auch den Steckbrief für  persönliche Angaben. Es ist ein ganz neues Buch, dass der Intension folgt, lesen mit begreifen und darüber reden aktiv zu kombinieren.  

 

Der evangelische Buchberater schreibt in seiner Ausgbae 02/2011 zu diesem Buch:

In einer gelungenen Mischung aus Bildern, Texten und Schemata zeigt es alle möglichen Formen und Entwicklungen im Familienleben auf. Dabei stehen diese wertfrei nebeneinander mit all ihren jeweiligen Vor- und Nachteilen. ... Der Kommentar einer 9-jährigen Leserin zu diesem Buch: "Endlich versteht man mal, wie das alles so ist!" Sehr geeignet für Kinder im Alter ab 6J.

 

Jurybegründung zur Preisverleihung des Deutschen Jugendliteraturpreises 2011 - Sparte Kindersachbuch:
Die Familie ist die erste und wichtigste gesellschaftliche Institution, die Kinder kennenlernen. Doch diese Lebensgemeinschaft hat viele Gesichter. Zum einen gibt es natürlich noch die ganz „normale“ Familie mit Vater, Mutter und Kind. Neben dieser immer noch häufigsten Familienform aber gibt es eine Fülle von anderen Konstellationen und familialen Netzen, in denen Alter, Geschlecht und Verwandtschaftsgrade kunterbunt durcheinandergehen können. In diesem Sachbilderbuch über Familien in Gegenwart und Vergangenheit, in Deutschland und anderswo, regiert ein Humor, der das emotionsbesetzte Thema auf die richtige Weise angeht. Der Blick reicht von Alleinerziehenden bis zur Großfamilie, von Patchwork-Familien zu den Vor- und Nachteilen des Einzelkind- und Geschwisterdaseins, von Vater-Vater-Kind- und Mutter-Mutter-Kind-Familien bis zu binationalen Familien, Witwern, Waisen, Heim- und Adoptivkindern und sogar kinderlosen Familien – alles kommt in diesem Panorama zur Sprache und ins Bild. Mit leichterer Hand als vom Team Maxeiner und Kuhl hat man selbst so kontroverse gesellschaftliche Themen wie Leihmutterschaft oder Regenbogenfamilien zuvor noch nicht inszeniert gesehen. Und dass es nicht immer harmonisch oder kinderfreundlich zugeht, verschweigt das Sachbilderbuch nicht: Familien entzweien sich über Erbstreitigkeiten, manche Eltern schlagen ihre Kinder, bei einem Familienstreit werden auch schon mal sehr bittere Dinge gesagt und nicht in jeder Familie folgt diesen eine Versöhnung.
 
Der Text überzeugt mit seinen kurzen, prägnanten und konzise formulierten Sätzen, allesamt prall mit Informationen gefüllt, und das alles ist durchzogen von einer großen Leichtigkeit und einem sensiblen Humor. Kurze Erläuterungen vielleicht unbekannter Begriffe fügen sich so geschmeidig in den Text ein, dass sie keineswegs belehrend wirken. Überhaupt: Belehren oder gar Werten ist der Texterin und Illustratorin fremd. Vielmehr steht die beschreibende soziologisch und ethnologisch beschlagene Sachinformation im Vordergrund.
 
Anke Kuhls Zeichenkunst, besonders ihr kecker Strich, überzeugen. Es ist immer wieder erstaunlich, zu sehen, wie sie mit wenigen Mitteln Emotionen in die Gesichter und die Körpersprache der Figuren zaubert, wie sie ohne plump-stereotyp zu werden das Charakteristische einer Persönlichkeit oder sozialen Gruppe herauszufiltern vermag. Lebendigkeit und Dynamik der Illustration lassen die in Panels angeordneten Bilder fast wie ein Kino wirken. Ebenso zum Thema wie zum Stil der Zeichnungen passen das Lettering in Handschrift und die vielen Sprechblasen: Man blättert durch das Buch wie durch ein Familien-Foto-Album.
 
Die bei allem Karikaturistischem doch ernsthafte Auseinandersetzung vermittelt dem lesenden Kind: Jede Familie ist einzigartig – ob dezent oder geräuschvoll, faul oder umtriebig, steif oder leger. Und: Jede Familie hat ihren charakteristischen Geruch! Und weil jede, aber auch jede Familie wichtig ist, birgt das Buch auch einige Seiten, die das lesende oder zuhörende Kind mit den Besonderheiten seiner Familien füllen kann.

Informationsgehalt, Gebrauchswert für Vermittler, ästhetischer Genuss, Aufklärung und Sinnlichkeit ergeben ein Sachbuch, das in keiner Familie fehlen sollte – egal, wie sie sich zusammensetzt.