Gesundheitliche Aspekte des Kindes bei seiner Aufnahme

Gesundheitliche Aspekte vor bzw. bei der Aufnahme eines Kindes

Zusammenfassung eines Vortrags von Dr. Stahl (Kinderarzt)

 

Bereits 2002 fand ein Vortrag des Kinderarztes Dr. Stahl statt, der den gesundheitlichen Aspekten vor bzw. bei der Aufnahme eines Kindes gewidmet war, aber sicher seit dem nicht an Aktualität verloren hat.

Zunächst einmal wurden verschiedene Begriffe beleuchtet, die oft im Bewerberprozess eine Rolle spielen. So handelt es sich bei einem Frühgeborenen um ein vor der Vollendung der 37. Schwangerschaftswoche geborenes Baby. Die Unreife dieser Säuglinge kann Probleme bereiten. Über die tatsächlichen Auswirkungen auf das Kind können zunächst keine definitiven Aussagen getroffen werden. Mögliche Folgen können sein: Organschäden, Hirnblutungen, spätere Anfälligkeit für Atemwegsinfekte und Darmerkrankungen.

Bei einem Neugeborenen, dessen Geburtsgewicht niedriger ist, als dies in Relation zur Schwangerschaftswoche nötig wäre, spricht man von einem Mangelgeborenen. Schädigende Einflüsse können zum zu geringen Gewicht geführt haben. Solche negativen Faktoren in der Schwangerschaft können u. a. sein: mütterliche Krankheiten, Infektionen, Suchtmittel u. Medikamente, Chemikalien oder Strahlen. Bei derartigen schädigenden Einflüssen in den ersten 3 Monaten der Schwangerschaft kommt es eher zu Fehlbildungen. Treten die Schädigungen in der Fetalzeit (Zeit des Reifens und des Wachsens – 4. Monat bis Geburt) auf, so sind eher Funktionsstörungen die Folge. Negative Einflüsse auf die Schwangerschaft dauern manchmal aber auch während der gesamten Schwangerschaft an.

Über die Lebensfähigkeit eines Neugeborenen sagt der Apgarwert eines Kindes etwas aus. Hier werden Hautfarbe, Atmung, Reflexe, Muskeltonus und Herztätigkeit 1 Minute, 5 Minuten und 10 Minuten nach der Geburt geprüft. Für jeden Befund gibt es zwischen 2 (gut) und 0 (schlecht) Punkten. Die Summe sollte nach 5 Minuten 10 sein, sonst ist unter Umständen eine Behandlung erforderlich. Über den Gesundheitszustand von Säuglingen und Kleinkindern gibt auch das gelbe Untersuchungsheft Aufschluss.

Wenn man zu schädigenden Einflüssen während der Schwangerschaft Überlegungen anstellt, so kann das nur mit Wissen über das Leben der leiblichen Mutter geschehen. Prognosen über die tatsächlichen Auswirkungen können aber nur in seltenen (gravierenden) Fällen abgegeben werden. Ist z. B. bekannt, dass eine leibliche Mutter an Aids oder einer anderen Infektion erkrankt ist, so kann im Blut des Neugeborenen nach Antikörpern gesucht werden. Aussagekräftig ist das Ergebnis aber erst nach einer gewissen Zeit, da im Blut des Neugeborenen auch Antikörper der Mutter vorhanden sein können bzw. eine Infektion des Babys bei der Geburt erst nach einiger Zeit zu eigenen Antikörpern führt.

Ist dagegen bekannt, dass die Mutter während der Schwangerschaft Alkohol konsumiert hat, so weiß man, dass sich Auswirkungen ergeben, u. a. auf die Intelligenz. Aber wie schwer diese Auswirkungen sind, ist, außer in sehr schweren Fällen, kaum zu prognostizieren. Herr Dr. Stahl machte an mehreren Stellen deutlich, dass mit Einfühlungsvermögen und entsprechenden Therapien gute Erfolge für das Leben der betroffenen Kinder erzielt werden können. Die Schädigungen werden dadurch zwar nicht geheilt, aber die vorhandenen Kapazitäten besser genutzt und der seelische Umgang für die Beteiligten erleichtert.

Im Bereich von bekannten, vererbbaren, schweren Krankheiten in der Herkunftsfamilie kann mit Hilfe von Humangenetikern eine Wahrscheinlichkeit aufgestellt werden, mit der auch das Kind erkranken wird. Ob das den aufnehmenden Eltern hilft, bleibt allein von ihnen zu entscheiden. Hier ist im konkreten Fall auch oft das Kontaktaufnehmen zu einem Facharzt ratsam, z. B. bei psychischen Erkrankungen in der Herkunftsfamilie.

Das Wissen um diese Faktoren wird es den meisten Bewerbern nicht leichter machen, sich abzugrenzen bzw. im Einzelfall eine Aufnahmeentscheidung zu treffen. Aber Wissen ist auf diesem Gebiet unbedingt erforderlich, damit später nicht die Aussage eines Partners, oder was noch schlimmer wäre, beider Partner im Raum steht: „Hätte ich vorher mehr gewusst, hätte ich dieses Kind nicht aufgenommen“. Fazit des Abends war, dass über die Gesundheit und Entwicklung von Neugeborenen und Säuglingen keine definitive Aussage getroffen werden kann. (M. R.)